DSGVO-Zustimmungen in Kindergarten, Schule & Co

© DatenschutzStockfoto - stock.adobe.com

Wer kennt es nicht: Bei der Schuleinschreibung, bei der Anmeldung für den Kindergarten, am ersten Elternabend oder bei der Vorbesprechung der Landschulwoche sind sie zu unterschreiben – die Zustimmungserklärungen „wegen dem Datenschutz“.

Seit Anwendung der DSGVO gibt es kaum Kinderbetreuungseinrichtungen oder Schulen, die den Eltern keine „DSGVO-Einwilligungserklärungen“ vorlegen, die meist sowohl von Seiten des Betreuungspersonals, Lehrern und Eltern, ohne im Detail zu wissen, warum diese Erklärungen zu unterzeichnen sind, ob sie überhaupt notwendig sind und welche Konsequenzen eine „Nicht-Unterzeichnung“ für die Kinder hat, vorgelegt und unterzeichnet werden. Bei genauer Betrachtung ergeben sich aus datenschutzrechtlicher Sicht daraus aber viele Fragen. Allen voran: „Warum macht man das überhaupt?“

Die DSGVO ist am 25.5.2018 in Geltung getreten und als EU-Verordnung direkt anwendbar. Warum ist seit Ende Mai die DSGVO medial so präsent? Inhaltlich hat sich seit dem Jahr 2000 (und in weiterer Folge sogar seit dem Jahr 1978) wenig geändert. Auch ist die Materie durch die DSGVO nicht umso interessanter geworden. Vielmehr geht es aber um die drakonischen Strafen. Waren Datenschutzverstöße vor dem 25.5.2018 noch bis zu 25.000 EUR sanktioniert, sind es nun bis zu 20 Mio EUR oder bis zu 4% des weltweiten Konzernumsatz, je nachdem welcher Wert höher ist.

Der datenschutzrechtliche Laie unterscheidet sich vom Experten mE dadurch, dass er tonnenweise Zustimmungserklärungen sammelt, ohne zu wissen was die DSGVO eigentlich regelt bzw. verbietet, ob eine Zustimmung notwendig überhaupt ist und welche anderen (besseren) Alternativen es noch gäbe.

Der oft fälschlicherweise verbreiteten Meinung, dass immer eine Einwilligung des Betroffenen eingeholt werden muss, kann entgegengehalten werden, dass die DSGVO noch fünf weitere Tatbestände kennt, die eine Datenverarbeitung erlauben. Neben der Zustimmung (Art 6 Abs 1 lit a) ist eine Verarbeitung auch dann möglich, wenn diese

  • für die Erfüllung eines Vertrags (Art 6 Abs 1 lit b) erforderlich oder
  • zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung (Art 6 Abs 1 lit c) erforderlich ist.
  • Weiters liegt eine gültige Rechtsgrundlage vor, wenn die Verarbeitung erforderlich ist, um lebenswichtige Interessen der betroffenen Person oder einer anderen natürlichen Person zu schützen (Art 6 Abs 1 lit d) oder
  • wenn die Verarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde (Art 6 Abs 1 lit e).
  • Letztendlich ist die Verarbeitung iSd Art 6 Abs 1 lit f auch dann zulässig, wenn diese zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.

Die Zustimmung des Betroffenen ist dabei immer die schwächste Rechtsgrundlage, da sie jederzeit widerrufbar ist. Demnach sollten sich Verantwortliche immer im Klaren sein, ob sie tatsächlich ihre Kunden, Mitarbeiter oder andere Betroffene (natürliche Personen) um eine Zustimmung bitten wollen, oder ob es nicht auch eine bessere Alternative gibt, die nicht so einfach widerrufbar ist.

Um sich der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit widmen zu können, sind vorab zwei wichtige Begriffe zu definieren: Die DSGVO ist sachlich immer dann anwendbar, wenn personenbezogene Daten ganz oder teilweise automatisiert verarbeitet oder nicht automatisiert in einem Dateisystem gespeichert werden.

Die DSGVO definiert im Art 4 Z 2 den Begriff der Verarbeitung und versteht darunter jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung. Vereinfacht gesprochen ist damit jeder Vorgang gemeint, der mit Hilfe eines PCs, Tablet, Smartphone oder anderem technischen Gerät vorgenommen wird.

Personenbezogene Daten sind iSd Art 4 Z 1 DSGVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Ist also durch die verarbeitete Information ein Rückschluss auf eine natürliche Person möglich, liegen personenbezogene Daten vor.

Eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten findet also sowohl bei der Erfassung von Name und E-Mail-Adresse für die Teilnahme an einem Gewinnspiel statt, wie auch beim Zukauf von Daten durch einen Adressverlag iSd § 151 GewO, durch die private Videoaufzeichnung einer Überwachungskamera beim Hauseingang, bei der Installation von WhatsApp am Smartphone, bei der Gesprächsaufzeichnung von Telefonanrufen oder beispielsweise auch bei Erstellung von Fotos im Kindergarten, bei der Erstellung von Klassenlisten, Buslisten oder Eintragungen im Mitteilungsheft der minderjährigen Kinder.

 

Ist eine Einwilligung notwendig?

Diese Frage ist abhängig vom Zweck bzw. dem Ergebnis der Datenverarbeitung. Das Datenschutzrecht ist eine Verbotsnorm mit Erlaubnisvorbehalt und verbietet – anders als beispielsweise das Strafrecht – alles was nicht ausdrücklich erlaubt ist. Die DSGVO definiert in Art 6 Abs 1 sechs alternative Erlaubnistatbestände[1], wobei mindestens einer vorliegen muss, damit die Verarbeitung personenbezogener Daten zulässig ist:

  1. Einwilligung des Betroffenen
  2. Erfüllung eines Vertrags
  3. Rechtliche Verpflichtung
  4. lebenswichtige Interessen
  5. öffentliches Interesse
  6. berechtigtes Interesse des Verantwortlichen bzw. eines Dritten

Die oben bereits oft erwähnte Zustimmung bzw. Einwilligung ist damit nur eine von sechs Alternativen und somit nicht das Non plus ultra für die Zulässigkeit der Datenverarbeitung. Vielmehr ist bei jeder Verarbeitung zu prüfen, ob es nicht eine bessere Alternative gibt, die weder der aktiven Zustimmung bedarf noch so einfach wie eine Einwilligung widerrufbar ist.

Vertragserfüllung (Art 6 Abs 1 lit b)

Gibt es einen Vertrag zwischen Betroffenen und Verantwortlichen und ist die Verarbeitung aufgrund des Vertragsverhältnisses notwendig, dürfen personenbezogene Daten unabhängig von einer etwaigen Zustimmung verarbeitet werden. Als Beispiele können hier genannt werden:

  1. a) Kunde hat Girokonto bei der Bank X. Ohne Zustimmung darf bzw. muss die Bank aufgrund des Kontovertrags personenbezogene Daten verarbeiten und das angewiesene Geld vom Konto A auf Konto B überweisen oder aber auch dem Inhaber des Kontos A vor der Überweisung mitteilen, dass das Konto nicht gedeckt ist und eine entsprechende Sicherungsleistung getätigt werden muss.
  2. b) Kunde stellt das Auto zur Reparatur des Motorschadens in die Werkstatt. Unabhängig von einer Zustimmung hat die Werkstatt das Auto aufgrund des Werkvertrags zu reparieren und darf bzw. muss in diesem Zuge sogar personenbezogene Daten des KFZ-Halters verarbeiten.

rechtliche Verpflichtung (Art 6 Abs 1 lit c)

Gibt es eine rechtliche Verpflichtung, die eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten erfordert, ist diese Verarbeitung unabhängig von einer etwaigen Zustimmung zulässig.

Beispiele:

  1. Kontenregister: Aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung hat die Bank sämtliche Konten des Betroffenen an das Bundesministerium für Finanzen zu melden.
  2. Aufgrund einer Aufforderung der Landespolizeiinspektion hat der KFZ-Halter nach Ausstellung einer Anonymverfügung und einer entsprechenden Einleitung eines Strafvervahrens Auskunft zu erteilen, wer zur besagten Zeit mit dem KFZ des Halters zu schnell gefahren ist.
  3. Kindergartenpflicht: Nach § 3a Oö. Kinderbetreuungsgesetz besteht eine Kindergartenpflicht für alle Kinder mit Hauptwohnsitz in OÖ. für jene Kinder, die vor dem 1. September das 5. Lebensjahr vollendet haben und im Folgejahr schulpflichtig werden. Gem. § 4 haben die Kinderbetreuungseinrichtung die Aufgabe das Bildungsarbeit auf Basis der jeweils aktuellen allgemein anerkannten Erkenntnisse der einschlägigen Wissenschaften zu gestalten; jedes Kind seinem Entwicklungsstand entsprechend unter Berücksichtigung allgemein anerkannter Grundsätze der Bildung, Erziehung, Betreuung und Pflege zu fördern sowie die Selbstkompetenz der Kinder zu stärken und zur Entwicklung der sozial-, sach- und lernmethodischen Kompetenz beizutragen. Bei all diesen Aufgaben ist eine Datenverarbeitung iSd Art 6 Abs 1 lit c (rechtliche Verpflichtung) notwendig und bedarf keiner zusätzlichen Einwilligung (der Eltern).

lebenswichtige Interessen (Art 6 Abs 1 lit d)

Ist beispielsweise die Übermittlung der Blutwerte einer bewusstlosen Person notwendig oder müssen der Gesundheitsdaten eines Kindes in Abwesenheit der Eltern weitergegeben werden, stützt sich die Rechtmäßigkeit auf Art 6 Abs 1 lit d DSGVO und bedarf keiner zusätzlichen Einwilligung. Ebenso wenn ein Unfallopfer unter Schockzustand einer Weitergabe seiner Daten widerspricht.[2]

Aufgabenwahrnehmung im öffentlichen Interesses (Art 6 Abs 1 lit e)

Dieser Rechtsgrund setzt voraus, dass die Datenverarbeitung für eine Aufgabe erforderlich ist, die dem Verantwortlichen übertragen wurde, und dass diese Aufgabe entweder

  1. im öffentlichen Interesse liegt, oder
  2. in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt.

Diese Alternative kommt vor allem bei Datenverarbeitung für die öffentliche Gesundheit, soziale Sicherheit sowie für die Durchführung von Disziplinarmaßnahmen durch eine Anwalts- oder Ärztekammer in Betracht[3] und ist im schulischen Bereich eher zu vernachlässigen.

Berechtigte Interessen (Art 6 Abs 1 lit f)

Personenbezogene Daten können aber immer auch dann zulässigerweise verarbeitet werden, wenn eine berechtigtes Interesse des Verantwortlichen oder eines Dritten besteht, das für die Zweckerreichung erforderlich ist und sofern die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten überwiegen, nicht überwiegen. Ob man sich auf diese Rechtsgrundlage stützen kann, ist immer im Einzelfall zu beurteilen und es sind dabei folgende Parameter zu berücksichtigen:

  1. Liegt ein berechtigtes Interesse vor (rechtmäßig, hinreichend klar formuliert und gegenwärtig)
  2. ist die Datenverarbeitung erforderlich, um das Ziel zu erreichen (Das Ziel kann also ohne diese Verarbeitung nicht erreicht werden, bereitet auf andere Weise unverhältnismäßig große Schwierigkeiten, es besteht auf andere Weise ein unvertretbar höherer Aufwand oder die Erfüllung erfolgt auf andere Weise verspätet)
  3. Es erfolgt eine Interessenabwägung, die zumindest das Gleichgewicht der Interessen darstellt (wird in Grundrechte des Betroffenen eingegriffen, konnte der Betroffene damit rechnen, handelt es sich bei den Betroffenen um Kinder und welche Folgen hat die Verarbeitung für die Betroffenen)
  4. werden entsprechende Sicherheitsmaßnahmen getroffen (technische und organisatorische Maßnahme gem Art 32 DSGVO, Privacy by Design und Privacy by Default gem Art 25 werden berücksichtigt)
  5. die Betroffenen werden entsprechend informiert (Transparenz iSd Art 13, 14 DSGVO)
  6. es erfolgte kein Widerspruch iSd Art 21 DSGVO.

Die og. Punkte sind jedenfalls zu berücksichtigen, um den Empfehlungen der Art-29-Datenschutzgruppe nachzukommen und sich auf die Rechtsgrundlage des berechtigten Interesses stützen zu können.[4]

Beispiel: Wird im Kindergarten für jedes Kind eine Jahresmappe mit Fotos erstellt, stellt dies voraussichtlich ein berechtigtes Interesse eines Dritten (nämlich des Kindes selbst bzw. dessen Familienmitgliedern) dar. Es soll dokumentiert werden, wie sich das Kind (im verpflichtenden Kindergartenjahr) entwickelt. Weiters ist die Dokumentation mit Bildern, auf denen natürlich auch andere Kindergartenkinder zu sehen sind, notwendig, um das Ziel der Dokumentation erreichen zu können. Im nächsten Schritt ist die Interessenabwägung durchzuführen. Ohne im Detail auf die einzelnen Punkte eingehen zu wollen, wird dies zu Gunsten des Verantwortlichen ausfallen, da die Dokumentation der Entwicklung eines Kindes mE. nicht in der Gestalt in das Grundrecht auf Privat- und Familienleben eingreifen wird, dass das Kind dadurch einen Nachteil erleiden würde. Werden nun die Betroffenen (sofern es sich um Kinder handelt also auch die Erziehungsberechtigten) entsprechend über die Datenverarbeitung informiert, wird wohl in diesem Fall ein berechtigtes Interesse vorliegen, womit eine Zustimmung durch die Eltern obsolet wird.

Ebenso wird es sich verhalten, wenn Fotos von Schulveranstaltungen zum persönlichen Gebrauch gemacht werden oder diese Fotos an der Infowand in der Schule, in der Gemeindezeitung oder auf der Schulhomepage veröffentlicht werden.

Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass nicht für jede Datenverarbeitung eine Zustimmung erforderlich ist, und bei der Erstellung von Buslisten, Listen für Schülerausspeisung, Dokumentation von Schulveranstaltungen oder Erstellung von Jahresmappen im Kindergarten jedenfalls auf eine andere Rechtsgrundlage iSd Art 6 Abs 1 DSGVO zurückgegriffen werden kann!

 

Welche Voraussetzungen muss eine gültige Einwilligung erfüllen?

Wird (trotzdem) eine Einwilligungserklärung ausgegeben, sind iSd Art 7 DSGVO folgende Punkte zu beachten:

  • Der Verantwortliche hat die Einwilligung nachzuweisen.
  • Der Betroffene hat die Einwilligung ohne jeden Zweifel abgeben müssen. Dh. das Betreuungspersonal, die Lehrer bzw. die zuständigen Ansprechpersonen müssen vor Abgabe der Einwilligung jegliche Zweifel beseitigen und allfällige Fragen beantworten
  • Die Einwilligung muss freiwillig erfolgen und darf nicht mit einer anderen Bedingung gekoppelt sein (zB. ist die Zustimmung zur Erstellung von Fotos nicht freiwillig, wenn durch eine fehlende Zustimmung die Teilnahme an einer Schulausspeisung versag wäre)
  • Die Einwilligung muss jederzeit widerrufbar sein.
  • Die Einwilligung muss bewusst erfolgen. Bereits angekreuzte Checkboxen, vorausgefüllte Formulare oder Stillschweigen stellen somit keine bewusste Einwilligung dar.
  • Informiertheit: Die Betroffenen müssen darüber informiert werden, in welcher Art und Weise die Daten verarbeitet werden. Eine Erklärung, worin eine Zustimmung zur Aufnahme von Fotos zu Dokumentationszwecken getätigt wird, wird demnach nicht ausreichen. Vielmehr muss angegeben werden in welcher Form und in welchem Medium die Fotos veröffentlicht werden (können). zB: „Wir dokumentieren die Schulveranstaltung mit Fotos und Beiträgen der Schülern, die auf unserer Schulhomepage und in der Gemeindezeitung veröffentlicht werden können“.
  • Die Bestimmtheit normiert auch die Zweckbindung. Werden Fotos für die Gemeindezeitung oder für die Schulwebsite erstellt, bedeutet das nicht, dass diese ohneweiters für die Veröffentlichung bei einem Wettbewerb oder bei der Einreichung eines Schulprojekts verwendet werden dürfen, ohne den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, der Verarbeitung zu widersprechen.

 

Dürfen Eltern diese Einwilligung überhaupt erteilen?

Kinder werden durch Art 8 DSGVO bei der Nutzung von Diensten der Informationsgesellschaft speziell geschützt. Aus datenschutzrechtlicher Sicht gibt es keine altersmäßige Kategorien, wie sie zB. im Zivilrecht mit unmündigen Minderjährigen (bis 7 Jahre), unmündige Minderjährige über 7 Jahre, mündige Minderjährige (14-18 Jahre) in Bezug auf die Geschäftsfähigkeit vorgesehen sind.[5] Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte wird der Begriff des Kindes iSd Art 1 UN-Konvention über die Rechte des Kindes zu definieren sein und in Österreich darunter jene Personen verstehen, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Eine datenschutzrechtliche Einwilligung kann ein Kind aber dann gültig abgeben, wenn es das 14. Lebensjahr vollendet hat.[6]

Der Begriff „Dienst der Informationsgesellschaft“ ist in Art 4 Z 25 DSGVO legal definiert und versteht darunter eine Dienstleistung im Sinne des Art 1 Z 1 lit b der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates. Ob ein Dienst der Informationsgesellschaft vorliegt, ist von fünf kumulativ zu erfüllenden Kriterien abhängig.[7] Es muss sich um eine

  1. in der Regel gegen Entgelt,
  2. elektronisch,
  3. im Fernabsatz,
  4. auf individuellem Abruf eines Empfängers erbrachte
  5. Dienstleistung handeln.

Beispiele für Dienste der Informationsgesellschaft sind Online-Vertrieb von Waren, Websites mit Werbeeinschaltungen, etc. Die werbefreie Schulwebsite wird mE mangels Gewinnerzielungsabsicht aber nicht dazu zählen.

Für die Offline-Welt gibt es allerdings eine Regelungslücke. Da diese nicht als planwidrig zu beurteilen sein wird, kommt eine analoge Anwendung des Art 8 für nicht automatisationsunterstützte Verarbeitungen nicht in Betracht.[8] Bei den in Kindergärten, Schulen und anderen Betreuungseinrichtungen durchgeführten Zwecken handelt es sich idR aber um keine Dienste der Informationsgesellschaft, weswegen die Einwilligung der Eltern aufgrund der Höchstpersönlichkeit des Datenschutzrechts nicht zulässig ist.

Im Jänner 2016 bestätigte das OLG Wien wie auch der OGH[9], dass eine Einwilligung für die Veröffentlichung eines Fotos durch ein Kind mit fehlender Einsichts- und Urteilsfähigkeit, weder durch gesetzliche Vertreter oder Sachwalter noch durch das Pflegschaftsgericht ersetzt werden kann (RIS-Justiz RS0130534). Da es sich beim Anspruch auf Geheimhaltung iSd § 1 DSG um ein höchstpersönliches Recht handelt, ist diese Entscheidung wohl auf datenschutzrechtliche Einwilligungen direkt übertragbar.

Schriftliche Einwilligungserklärungen für die Verarbeitung von Bildern von den Obsorgeberechtigten sind demnach überflüssig. Ein kurzes aufklärendes Gespräch mit dem Kind selbst zum Thema der Bildaufnahme verschafft allen Beteiligten Klarheit über die vorliegende Einsichts- und Urteilsfähigkeit. Fehlt diese, ist eine Bildaufnahme nicht zulässig und das aufgenommene Material zu löschen.[10] Kann ein Minderjähriger die Folgen einer Zustimmung zur Bildverarbeitung nicht abschätzen bzw. ist ersichtlich, dass er nicht einsichts- und urteilsfähig ist, so dürfen die Bilder nicht verarbeitet werden.

 

Zusammenfassung

Den Eltern werden in Kindergärten, Schulen und anderen Betreuungseinrichtungen Einwilligungserklärungen vorgelegt, die aus datenschutzrechtlicher Sicht oft überflüssig bzw. falsch sind, da sich die Rechtsgrundlage meist nicht (nur) aus der Einwilligung ergibt, sondern in vielen Fällen eine bessere Alternative gegeben wäre (zB. berechtigtes Interesse, rechtliche Verpflichtung oder Vertragserfüllung).

Da es sich beim Grundrecht auf Datenschutz um ein höchstpersönliches Recht handelt, kann eine notwendige Einwilligung nicht substituiert werden. Vielmehr muss gerade bei der Bildverarbeitung auf die Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Kindes abgestellt werden.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass mit Zustimmungserklärungen durch den Verantwortlichen sehr sparsam umgegangen und im ersten Schritt eine alternative Rechtsgrundlage gesucht werden sollte.  Gerade Zwecke wie „Erstellung von Buslisten, Klassenlisten, Erstellung einer Jahresmappe für die einzelnen Kinder im Kindergarten oder Ähnliches“ bedürfen bei genauer Betrachtung keiner Einwilligung, wobei auf Grund der Einzelfallbetrachtungen wie immer im Datenschutzrecht keine pauschale Antwort gegeben werden kann. Bevor sie letztendlich den Eltern vorgelegt werden, sollten sie auch jedenfalls vom zuständigen Datenschutzbeauftragten geprüft werden (Behörden und öffentliche Stellen sind iSd Art 37 Abs 1 lit a DSGVO verpflichtet einen DSBA zu bestellen).

[1] Bei personenbezogener Daten besonderer Kategorien sind die Erlaubnistatbestände des Art 9 und bei personenbezogener Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten die Erlaubnistatbestände des Art 10 zu berücksichtigen.

[2] Vgl. Heberlein in DS-GVO2 (2018) Art 6 Rz 18.

[3] Vgl. Heberlein in DS-GVO2 (2018) Art 6 Rz 21.

[4] Vgl. Stellungnahme 06/2014 zum Begriff des berechtigten Interesses des für die Verarbeitung Verantwortlichen gemäß Artikel 7 der Richtlinie 95/46/EG (WP 217).

[5] Vgl. Pilgermair in Datenschutz-Grundverordnung: Der neue Kinderschutz, DAKO 2017/4.

[6] Art 8 Abs 1 legt das Mindestalter für datenschutzrechtliche Einwilligung mit der Vollendung des 16. Lebensjahres fest, erlaubt aber im UAbs 1 den Mitgliedstatten eine niedrigere Altersgrenze vorzusehen, die nicht unter der Vollendung des 13. Lebensjahres liegen darf. Österreich hat von dieser Öffnungsklausel Gebrauch gemacht und die Altersgrenze für eine gültige Einwilligung bei einem Angebot von Diensten der Informationsgesellschaft iSd § 4 Abs 4 DSG auf die Vollendung des 14. Lebensjahres festgelegt.

[7] Vgl. Kastelitz in Knyrim, DatKomm Art 8 DSGVO Rz 20 (Stand 1.10.2018, rdb.at).

[8] Vgl. Feiler/Forgó, EU-DSGVO (2017) Art 8 Rz 1.

[9] Vgl. OGH 13.1.2016, 15 Os 176/15v, Fenstersturz, EF-Z 2015/148 [Marous]; Kopetzki, Kinder im Bild, RdM 2016/82)

[10] Siehe Thiele, Anmerkung zu OGH Beschluss vom 13.1.2016, 15 Os 176/15v – Fenstersturz eines Kindes II, bit.ly/2gkCJs9.